Bewegungsanalytische Betrachtungen / Weg-Zeit-Diagramm

Ein wichtiges und anschauliches Hilfsmittel zur Unfallanalyse stellen die bewegungsanalytischen Betrachtungen dar, sie basieren primär auf dem sog. Weg-Zeit-Diagramm, abgekürzt mit WZD.

Anwendungsgebiete des Weg-Zeit-Diagramms

  • Bewegungsanalytische Untersuchungen können  bspw. die Ermittlung der Ausgangsgeschwindigkeiten der Fahrzeuge ermöglichen.
  • Des Weiteren sind alternative Vermeidbarkeitsbetrachtungen möglich.
  • Außerdem lässt sich der mögliche Einfluss von sichtbehindernden Hindernissen untersuchen.
  • Zudem lassen sich so auch die Aussagen von Beteiligten / Zeugen auf ihre Plausibilität hin überprüfen.
  • Auch Ampelphasenpläne können in die Betrachtungen miteinbezogen werden.
  • Wurden im Fahrzeug Bewegungsdaten aufgezeichnet (EDR, UDS Fahrtschreiber im Lkw etc.), können diese direkt mit in das Weg‑Zeit‑Diagramm bzw. in die Illustration der Bewegungsabläufe übernommen werden.


Prinzipieller Aufbau und Berechnungsgrundlagen

Das Weg-Zeit-Diagramm besteht aus der horizontalen Weg-Achse (x-Richtung) und aus der vertikalen Zeit-Achse (y-Richtung).

In diesem Diagramm wird der Weg des / der Unfallbeteiligten als Funktion der Zeit und in Form einer geraden oder gekrümmten Kurve dargestellt.

  • Jeder Punkt auf dieser Kurve weist dem betrachteten Objekt den Aufenthaltsort zu einem bestimmten Zeitpunkt zu.
  • Bei einer größeren Bewegungsgeschwindigkeit verläuft die Kurve relativ flach, da in dem vorgegebenen Zeitraum eine größere Wegstrecke zurückgelegt wird.
  • Analog dazu verläuft die Kurve bei geringerer Bewegungsgeschwindigkeit entsprechend steiler.
  • Der Stillstand eines Beteiligten wird dann durch eine Senkrechte beschrieben.

Neben der graphischen Darstellung im Diagramm ist für die Nachvollziehbarkeit einer Weg-Zeit-Analyse die tabellarische Aufführung der Berechnungsgrundlagen (z.B. der angesetzten Verzögerungen / Beschleunigungen etc.) unverzichtbar.
Sie ermöglicht eine Überprüfung der zugrunde gelegten relevanten Parameter (bspw. Bremsverzögerungen etc.) auf ihre technische Plausibilität hin.

Nachfolgend ein Beispiel zu Bewegungsbahnen zweier Fahrzeuge, grafisch dargestellt im WZD, sowie die Parameter in den dazugehörigen Berechungstableaus.
 

(Hinweis: Häufig im Zusammenhang mit dem WZD verwendete Begriffe finden Sie hier.)

Ebenso ist die Übertragung der Ergebnisse auf die ortsbezogenen Positionen der Fahrzeuge möglich. Nachfolgend wird dies an folgendem Beispiel erläutert:

  • Der blaue Pkw fährt aus einer Grundstücksausfahrt in die Fahrbahn ein.
  • Aus seiner Sicht gesehen kommt von rechts der rote Pkw.
  • Es kommt zum Zusammenstoß der Fahrzeuge, der blaue Pkw bewegt sich dabei mit 3 km/h fort, der rote Pkw mit 30 km/h. Baisis ist das Ergebnis einer  Kollisionssimulation (s.a. hier).
  • Der Fahrer des roten Pkw gibt an, er habe sofort voll abgebremst, als er das ausfahrende blaue Fahrzeug erkannte.

Das herausgearbeitete Ergebnis stellt sich dann wie folgt dar.


Das errechente Ergebnis lässt sich ebenso in bewegten Bildern illustrieren, sowohl in Echtzeit, als auch -der besseren Anschaulichkeit halber- entsprechend verlangsamt. Die relevanten Daten (Geschwindigkeiten, Abstand zum Kollisionsort, Verzögerungen etc.) können dabei dem eingeblendeten Kontrollfenster entnommen werden.

  • In diesem Beispiel errechnet sich die Ausgangsgeschwindigkeit des roten Pkw mit rund 39 km/h.


Auf Basis der gewonnenen Ergebnisse, bspw. zum Reaktionsort des Fahrers des roten Pkw, kann nun untersucht werden, ob es auch zum Zusammenstoß gekommen wäre, wenn sich der rote Pkw mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h angenähert und aus dieser Alternativgeschwindigkeit heraus gleich reagiert hätte, wie tatsächlich geschehen (also das Einleiten einer Vollbremsung beim Erkennen des einfahrenden blauen Pkw).

Bereits das Weg-Zeit-Diagramm zeigt:

  • Der rote Pkw wäre vor der Kollisionsstelle in den Stillstand gelangt, der Unfall wäre demnach aus 30 km/h räumlich vermeidbar gewesen.

Auch dieser Ablauf lässt sich in bewegten Bildern illustrieren.


In dem nachfolgenden Beispiel standen die Daten aus dem digitalen Fahrtschreiber eines unfallbeteiligten Lkw zur Verfügung. Diese Daten lassen sich sowohl im Weg-Zeit-Diagramm darstellen, des Weiteren kann der Fahrvorgang des Lkw auf die Örtlichkeit übertragen und dargestellt werden.

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